Adorable - Against Perfection (CRE 138 LP, 1993)
Einerseits waren die 1980er- und 1990er-Jahre eine Goldgrube des schlechten Geschmacks, andererseits etablierten sich gerade in dieser Zeit einige Künstler und Bands, die man heute, ohne lange nachzudenken, zu prägenden Figuren der Popkultur zählen würde. Dennoch kann man diese beiden Dekaden auch als Friedhof ansehen, hinsichtlich einiger Bands und deren Musik.
Adorable gehören zweifelsfrei dazu,
denn eigentlich waren die Voraussetzungen für einen erfolgreichen
Werdegang der Band aus Coventry, England, gegeben. Den Bandnamen
markant gewählt, ein charismatischer Frontmann mit wirklich
massenkompatibler Stimme, Creation Records als Label. Drei Entitäten,
die einer anderen Band mit zwei Brüdern und großem Ego zu Weltruhm
verhelfen sollten.
Die Ursache für das Scheitern der
Band, so man es denn so ausdrücken möchte, liegt am ehesten zu
jeweils gleichen Anteilen am Ruf der englischen Shoegazing-Szene, an
dem Nicht-Vorhandensein eines viralen Marketings à la Youtube sowie
am generellen Schicksal vieler kleiner, kurzlebiger Bands in UK
Anfang und Mitte der 1990er-Jahre. Dennoch sind Adorable nicht
vergessen worden, wie der Release einer Kompilation aus dem Jahre
2008 zeigt.
Against Perfection, quasi
programmatisch für das Schaffen der Band und doch widersprüchlich,
erschien im März 1993 mit der Lead-Single Sunshine Smile. Als
Vorschusslorbeeren konnte die Band die Aufmerksamkeit des NME für
sich verbuchen, der Sunshine Smile völlig zurecht zur Single der
Woche wählte. Auch die Folgesingles (I'll Be Your Saint, Homeboy,
Sistine Chapel Ceiling) schafften allesamt den Sprung in die
UK-Indie-Charts. Der Stil der Band wurde gerade in der Anfangszeit
nahezu fahrlässig als Shoegazing bezeichnet, weswegen die Band oft
in einem Atemzug mit anderen großartigen Bands wie Slowdive oder
Chapterhouse fiel. Sicherlich haben sich auch Adorable der in der
Szene gängigen Effekte bedient, allerdings klingen ihre Songs
kraftvoller und straighter als jene der oft verwendeten Referenzen.
Sunshine Smile als Opener des Albums ist in erster Linie eine Hymne,
Noise-Stadionrock und somit kein Shoegazing-Gewaber, welches verzerrt
den Ausgang aus dem Proberaum sucht. Die anderen Songs des Albums
sind allesamt kleine Noise-Alternative-Pralinen, denen es zu
widerstehen gilt. Auch wenn dem Album in der Mitte die Puste
auszugehen scheint. Gerade Cut #2 und Still Life gehören zu den schwächeren Songs.
I'll Be Your Saint erinnert an eine
Swervedriver-Single, während Sistine Chapel Ceiling mit kleinen
Effekthaschereien insgesamt doch einen ruhigen Popsong im
Adorable-Repertoire repräsentiert, der zum Ende hin deutlich an
Fahrt aufnimmt. Herausragend über die gesamte Spielzeit von 48
Minuten ist dabei das Organ von Piotr Fijalkowski. Mal besonnen und
auf der Noise-Welle entspannt surfend, mal regelrecht ausbrechend
(Sistine Chapel Ceiling) stellt sich der Gesang dar. Gerade besagtes
Sunshine Smile lebt von der Intonation des englisch-polnischen
Frontmanns, wodurch es zu einem famosen, ja, Ohrwurm heranwächst.
Adorable zeigen auf ihrem Debüt eindrucksvoll, dass nicht erst
Glasvegas und Amusement Parks On Fire Shoegazing als Massenphänomen
etablierten. Mit ein bisschen Glück wäre es Adorable schon weitaus
früher gelungen, das jedoch spräche – ganz im Sinne – gegen
ihre Perfektion.
Wertung: 8/10
Wertung: 8/10
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