Deichkind - „Niveau weshalb warum“ [CD-Kritik]
Deichkind fragen zurecht auf ihrem
neusten Output: „Wir haben Ferris, was habt ihr?“ In der Tat ist
der Zugang in Person von Ferris MC eine Art Revitalizer für die im
Electropunk gefangenen Kinder vom Deich. Dass der neuerdings zu
Ferris Hilton umbenannte „Freak“ in puncto Hirnverbranntheit
seinen Kollegen nur bedingt nacheifern kann, liegt sicherlich nicht
an der schlechten Qualität der neuen Platte.
Vielmehr schaffen es Deichkind auf
ihrem sechsten Album, den Hip-Hop der frühen Werke in selten so
kredibler Art und Weise mit dem Electro-Style, der seit dem „Aufstand
im Schlaraffenland“ Einzug hält, zu verknüpfen. Vor allem die
Vorabauskopplung „So ne Musik“ lässt Deichkind-Fans erster
Stunde aufhorchen, dass Deichkind keine technisch anspruchsvollen
Rapper sind, stört hier nicht. Es ist letztendlich auch nicht das
Ziel des Hamburger Kollektivs, in stetiger Doubletime alle anderen
Sprechsänger des Landes zu dissen, mit der augenzwinkernden
Persiflage auf „Niveau Weshalb Warum“ gelingt ihnen das mühelos
auf ihre eigene Weise.
Die Bandbreite ist hierbei ordentlich,
Hip-Hop-Beats wie in „So ne Musik“ treffen auf kraftwerkeske
Rhythmen „Mehr als lebensgefährlich“, in Sachen Kreativitat kann
man Deichkind ebenfalls keinen Vorwurf machen. Zumal dieses Mal
beinahe auf gesamter Albumlänge die Satire zieht und sich nicht in
Nichtigkeiten verliert. Selbst die zweiminütige Kraniotomie von „Oma
gib Handtasche“ passt wie die Faust auf's Auge, warum diese Karte
allerdings als Art Outro ausgespielt wird, wissen wohl nur die
Deichkinder selbst. Lyrisch gibt es davor einiges zu bieten,
Highlights sind hier „Der Flohmarkt ruft“ und „Like mich am
Arsch“, auch die zweite Single „Denken Sie groß“ hält sich
mit Gesellschaftskritik nicht zurück. Unnötig hingegen die schier
allgegenwärtigen Kraftklubber auf dem Bonustrack „Selber machen
lassen“, auch „Die Welt ist fertig“ ist nicht mehr als ein
müder Egotronic-Rampue-Klon, so dass man sich wieder die längst
totgedudelte „Luftbahn“ zurückwünscht.
Summa summarum überwiegen jedoch die
guten Momente auf dem aktuellen DK-Album, welches gegenüber seinen 3
elektronischen Vorgängern endlich die gewünschte Stringenz bringt.
So gesehen das unverrückteste Album der Remmi-Demmi-Kapelle, jedoch
besser als so ziemlich alles, was an Deutschrap/Electropunk dieses
Jahr erscheinen wird.
8/10